Die vorliegende Monographie ist die Druckfassung der Dissertation, die von der
Geschichtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Tübingen 1998 angenommen wurde.
Es werden die Lebenswege von Fulvia und Octavia untersucht, die nacheinander mit Marcus
Antonius verheiratet waren: Fulvia seit dem Jahr 46 (alle Jahreszahlen verstehen sich, soweit
nicht anders gekennzeichnet, als Daten v.Chr.) bis zu ihrem Tod im Frühsommer 40, Octavia
von Oktober/November 40. Sie war bis zur Scheidung der Ehe im Jahr 32 als Schwester
Octavians Unterpfand des Friedens von Brundisium. In der genannten Periode erreichte
Antonius den Höhepunkt seiner Macht.
Beide Frauen lebten und agierten in einer Zeit des Umbruchs: Nachdem die Herrschaft der
Senatsaristokratie länger in eine schwere Krise geraten war, versuchte Caesar nach dem Sieg
im Bürgerkrieg über Pompeius die Alleinherrschaft als Diktator. Er wurde bekanntlich als
"Tyrann" getötet. Es folgte die 15-jährige Herrschaft dreier Männer: Antonius, Octavian und
Lepidus (letzterer verlor jedoch früh an Bedeutung). Der römische Staat wurde schließlich
von Octavian, dem Sieger über Antonius und die mit ihm verbündete Cleopatra, endgültig in
eine Monarchie umgewandelt: Als Erbe Caesars und Sieger über den Rivalen war er seit 27
unter dem Ehrennamen Augustus Princeps der Römer.
Dieses Jahr 27 als Epochengrenze zwischen Republik und Kaiserzeit hat dazu geführt, daß es
in der Forschung kaum übergreifende Betrachtungen gibt: Abhandlungen zur römischen
Republik enden spätestens mit einem Ausblick auf die Ereignisse des Januar 27,
Untersuchungen zur Kaiserzeit rekapitulieren als Einleitung die politisch-militärischen
Ereignisse aus der Diktatur Caesars und dem Triumvirat des Octavian mit Lepidus und
Antonius. Auch Forschungen zum Einfluß von Frauen in der Führungsschicht in Rom halten
in dieser Weise die Grenze. Beiträge zur Republik enden entsprechend mit Persönlichkeiten
wie Servilia, Clodia, Terentia oder Fulvia; und in Arbeiten zur Rolle von weiblichen
Angehörigen der domus principis wird Livia als erste behandelt. Die Übergangszeit zwischen
Republik und Kaiserzeit unter dem Aspekt der Rolle der Frauen im Umkreis der Mächtigen
Roms ist daher der Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Monographie.
Fulvia und Octavia wurden bislang allenfalls isoliert voneinander untersucht. In der
einschlägigen Forschung zu Octavian-Augustus und zu Antonius spielen beide Frauen bislang
im besten Falle eine marginale Rolle: Sie werden oft nur in Nebensätzen erwähnt, und die
Aussagen gehen zumeist nicht über die Informationen aus den Artikeln der Realencyclopädie
hinaus. Die numismatische Forschung hat in Teiluntersuchungen zu den Prägungen des
Antonius diejenigen Emissionen zusammengetragen, auf denen seine Ehefrauen abgebildet
waren. Wenig Beachtung wurde dabei dem historischen Aspekt solcher Bildnisse geschenkt,
eher wurden kunsthistorische Details wie die Art der Frisur analysiert. Wichtiges Ziel der
vorliegenden Arbeit ist es, die historische Dimension der Bildnisse Fulvias und Octavias
herauszuarbeiten.
Es wird untersucht, wie einzigartig der Aufstieg Fulvias war, welche Faktoren ihn
begünstigten und in welcher Form ihre Person in den Quellen erscheint; ähnlich sollen die
Begebenheiten und Einflüsse für den Lebensweg Octavias analysiert werden, um zu klären,
inwieweit sie, die Nachfolgerin Fulvias an der Seite des Antonius, die Römerin ist, die den
Übergang zwischen Republik und Principat hinsichtlich der Stellung der Frauen aus der
römischen Elite verkörperte. Es soll versucht werden, Kontinuität und Diskontinuität in dieser
Phase des Umbruchs, die Augustus nicht als solche bewertet sehen wollte, aufzuzeigen. Sein
Leitmotiv war ja die Wiederherstellung des Gemeinwesens nach den Maßstäben der mores
maiorum. Gerade die Erforschung der Lebensläufe Fulvias und Octavias läßt Rückschlüsse
auf Wandel, Fortentwicklung oder Rückschritt hinsichtlich der traditionellen Rollenverteilung
innerhalb der römischen Führungsschicht erwarten: Beide standen in exklusiver Verbindung
zu den Machthabern Antonius und Octavian, die das Triumvirat zur Herrschaftsteilung über
den Ost- und den Westteil des Reiches verändert hatten.
Im ersten, biographischen Teil wird eingehend erörtert, inwieweit sich der Einfluß der
Propaganda des Siegers von Actium auf das Erscheinungsbild der beiden Frauen in den
Quellen ausgewirkt hat.
Im zweiten Teil steht wegen der Bedeutung dieser Quellengattung die Erforschung der
Münzprägungen des Antonius im Mittelpunkt. Dabei soll der Frage nachgegangen werden,
welche Rolle beiden Frauen jeweils zugedacht war und inwieweit Einflüsse aus der
westlichen und östlichen Tradition in der Typologie nachweisbar sind.
Im Ergebnis kann festgestellt werden, daß es Fulvia als erster und einziger Frau in Rom
gelungen war, die dem weiblichen Geschlecht gezogenen Grenzen zu übertreten. Sie hatte
politische und militärische Macht erlangt und ausgeübt: In der Quellenanalyse wurde der
Nachweis geführt, daß sowohl ihr Einfluß auf die Proskriptionsliste des Antonius als auch die
Marschbefehle an die Feldherren des Antonius während des Perusinischen Krieges glaubhaft
sind. Für eine Gesellschaft, die traditionell Frauen von öffentlichen Ämtern und damit von
politischer Betätigung ausschloss, war die Tragweite eines derartigen Vorgangs unabschätzbar.
Das Tabu der in den mores maiorum wurzelnden Gesellschaft war gebrochen, die
herkömmliche Sozialstruktur mit ihren nach dem Geschlecht geteilten Aufgaben war damit in
Frage gestellt. In der Umbruchszeit waren militärische und politische Macht synonym. Daß es
einer Frau gelingen konnte, über ein Heereskommando die geschlechtsspezifischen Schranken
des Zugangs zur Macht zu überwinden war ein Ereignis, das als Bedrohung des
herkömmlichen Gemeinwesens verstanden wurde. Octavian setzte dieser Karriere mit
seinem Sieg im Perusinischen Krieg ein Ende.
Da Fulvia es gewagt hatte, als Frau in den männlichen Machtbereich einzudringen und damit
einen Grundpfeiler der römischen Gesellschaftsordnung anzugreifen, wurde das Bild ihrer
Person in den Quellen verzerrt. Die Autoren gehörten zu der männlichen römischen Elite,
deren Position durch sie bedroht worden war. Speziell bei Cassius Dio findet sich das in der
vorliegenden Arbeit nachgewiesene Darstellungskonzept, dessen Leitmotive sowohl bei
Fulvia und Cleopatra als auch später bei Messalina und Agrippina d.J. Verwendung finden,
quasi als Topoi zur Diffamierung mächtiger Frauen in verschiedenen Epochen: Fulvia läßt
während der Proskriptionen mit willkürlicher Grausamkeit Männer töten; ebenso
eigenmächtig geht Messalina vor. Fulvia wird von ihrer Habgier angetrieben; dieses Motiv
findet sich auch bei Agrippina. Fulvia mißhandelt geradezu bestialisch die Zunge am
abgeschlagenen Schädel Ciceros; Agrippina untersucht kaltblütig die Zähne am
abgeschlagenen Schädel einer Rivalin, die sie hatte töten lassen. Dio greift in beiden Fällen
mit den Frauen auch die Ehemänner an: War Antonius nicht in der Lage gewesen, Fulvia
unter Kontrolle zu halten und sie innerhalb der Schranken ihres Geschlechts zu halten, so
stellte sich bei dem Princeps Claudius die Situation noch dramatischer dar, denn dieser war
die Marionette von Frauen und Freigelassenen.
In der Quellenanalyse Dios wurde gezeigt, daß nur ein Teil der Informationen dieses Autors
ernsthaft als Ereignisinformation zu den Aktivitäten Fulvias in Betracht kommt. Es ist für die
Würdigung von Fulvias politischem Einfluß nicht notwendig, die nach dem Stereotyp für
"schlechte" Frauen von Dio konstruierten Episoden zur Schändung des Cicero-Hauptes und
zu Fulvias Regiment über ihren Schwager Lucius, den Konsul des Jahres 41, und den
römischen Senat als Tatsachen zu verarbeiten. Wie lassen sich aber die Münzbilder Fulvias
erklären, wenn man die Angaben Dios zum Beginn des Konsulatsjahres 41 für unglaubwürdig
hält? In der vorliegenden Arbeit wurde gezeigt, auf welchen Informationen die Identifikation
Fulvias auf drei Münzbildern beruht: Auf der Bronzeprägung aus Eumeneia stützt sich die
eindeutige Zuordnung Fulvias zu einer Nike-Abbildung auf den geänderten Stadtnamen (die
Bürgerschaft nannte sich "Fulvianoi"), der Teil der Münzlegende ist. Für die beiden Quinare
aus Lugdunum ist die Legende des Antonius auf der zweiten Emission der mittelbare
Hinweis; zusätzlich spielt das Kriterium der römischen Modefrisur mit herein, so daß für
diese Victoriae ebenfalls die Annahme eines unterlegten Fulvia-Porträts zulässig erscheint.
Gäbe es allerdings nicht die Fulvia-Nike aus Eumeneia, wäre die Einstufung der Victoriae auf
den Quinaren aus Lugdunum als mögliche Fulvia wesentlich schwieriger zu erhärten, da die
phrygische Emission als gesicherter Beleg für einen "Trend" zum versteckten
Individualporträt in den Jahren 44 bis 40 eine entscheidende Rolle spielt. Es ist folglich nicht
notwendig, an das Zerrbild der blutrünstigen Furie (Cicero und Cassius Dio) zu glauben, um
Fulvias politische Rolle und deren Niederschlag in den Münzbildern zu bewerten.
Octavia als Schwester des Augustus mußte all jene Werte verkörpern, die der restitutor rei
publicae propagierte. Sie war vom selben Blut wie ihr Bruder, und der Erhöhung seiner
Männlichkeit im clupeus virtutis clementiae iustitiae pietatis erga deos patriamque entsprach
die Idealisierung ihrer weiblichen Rolle als schöne, intelligente, treue, fruchtbare römische
Ehefrau, fürsorgliche Mutter und loyale Schwester. In dem Geschwisterpaar war damit alles
vereinigt, was man in Rom mit traditioneller Moral und Weltanschauung in Verbindung
bringen konnte. Die Analyse der Quellenbelege zum Erscheinungsbild Octavias hat gezeigt,
daß ihre Persönlichkeit wohl tatsächlich weitgehend dem Idealbild einer matrona Romana
entsprach. Es gibt keine Hinweise auf eigene politische Aktivitäten während der
Bürgerkriege, und ab dem Jahr 27 widmete sie sich neben ihren Kindern der Kunst und der
Literatur. Vermutlich hatte sie nach der Erfahrung von beinahe 25 Jahren, die sie als nahe
Verwandte Caesars und später als Schwester Octavians in zwei aus politischer Räson
geschlossenen Ehen hatte verbringen müssen, kein Interesse mehr an einer Männer-Politik, in
der sie stets nur Verfügungsmasse gewesen war: Ihre Ehe mit dem Pompeianer C. Claudius
Marcellus war bereits eine politisch arrangierte; als mit dem Tod Iulias die Rivalität zwischen
Caesar und Pompeius zu eskalieren drohte, wurde Octavias erste Ehe zur Disposition gestellt
und sie selbst als neues politisches Unterpfand angeboten. Ebenso verfuhr ihr Bruder 14 Jahre
später, als sie Antonius heiraten mußte. Sie war damit im Ersten Triumvirat eine wichtige
Ehekandidatin im Zentrum der politischen Macht Roms, im Zweiten Triumvirat die
entscheidende Frau für die Verständigung der beiden mächtigen Politiker Antonius und
Octavian. Dies war insofern die letzte derartige Ehe der Republik, als nach Actium eine
Rivalität zwischen zwei militärischen Oberbefehlshabern nicht mehr möglich war. Der
Imperator Augustus hatte den entscheidenden Machtfaktor Heer monopolisiert, der Konflikt
zwischen den Imperatoren der späten Republik war mit dem monarchischen Prinzipat
aufgehoben. Die politischen Ehen im frühen Prinzipat hatten damit eine andere Qualität und
waren auf die Bedürfnisse der domus principis ausgerichtet. Octavias Ehe mit Antonius
bildete somit den Höhepunkt in der Reihe der entscheidenden Ehen Roms - und zugleich den
Schlußpunkt, da das Zweite Triumvirat die libera res publica letztlich zu einem definitive
Ende brachte.
Zu Beginn des Principats war Octavias Sohn Marcellus der einzige männliche Blutsverwandte
des Augustus, und dieser entwickelte eine dynastische Konzeption für seine Schwester und
seinen Neffen. In Rom brachte die Monarchie des Principats mit der Vorstellung von
Nachfolge und Dynastie an der Spitze des Staates eine neue Situation, verglichen mit der
bisherigen Oligarchie der Nobilität, innerhalb derer die Söhne über den cursus honorum ihren
Aufstieg bis ins kollegiale Konsulat hatten "verdienen" müssen. Augustus wagte sich deshalb
anfangs nur sehr behutsam an diese Pläne, in deren Kontext die Porticus Octaviae und die
darin befindlichen Opera Octaviae gesehen werden müssen. Mit ihren Bauten gehörte Octavia
also zur dynastischen Propaganda, und die Art der Gebäude enthüllte eine weitere Aufgabe
der Schwester des Princeps: Sie nahm durch die Stiftung der Bibliotheken und der
Kunstsammlung die kulturellen Aufgaben des Principats mit wahr.
Auch in seiner Münzprägung blieb der Princeps vorsichtig: Für Marcellus wurde noch keine
Münze geprägt; 15 Jahre später war dies dann für die Enkel des Augustus, Gaius und Lucius,
bereits möglich. Auch soweit Autoren wie Cassius Dio den Einfluß von Frauen der domus
principis als Kriterium für die politischen und moralischen Qualitäten eines Princeps
zugrundelegten, konnte das Urteil über die Persönlichkeit des Augustus positiv ausfallen:
Livia als seine Ehefrau und seine Tochter Iulia hatten sich seinen Vorstellungen zu beugen,
und von Octavia drohte ebenfalls keine politische Initiative. Keine der drei Frauen gelangte
also in eine machtpolitisch sichtbare Position, und eine exponierte Stellung einer Frau aus
dem kaiserlichen Haushalt auf einer Münze war zu Lebzeiten des ersten Princeps in Rom
nicht erwünscht. Deshalb blieb Octavia bis zum Tod ihres Bruders die erste und einzige Frau
in Rom, deren Porträt auf Münzen geprägt worden war - Auftraggeber war ihr Gemahl
Antonius gewesen: Den Philhellenen und die ägyptische Königin hatte Octavian besiegt, und
unter seiner Herrschaft als Augustus sollte es diese Einflüsse in der Münzprägung Roms nicht
mehr geben.
Nach Actium war es das Anliegen des künftigen Princeps, die Triumviratszeit mit allen
negativen Erscheinungen in Vergessenheit zu bringen. Augustus versuchte daher als restitutor
rei publicae, in möglichst vielen Bereichen einen Brückenschlag zwischen dem Gemeinwesen
traditioneller Prägung und der maskierten Monarchie des Prinzipats zu bewerkstelligen, der
die Brüche und die Wunden aus der Bürgerkriegszeit überdecken sollte. Hinsichtlich der
Rollenverteilung zwischen Mann und Frau manifestierte sich dies in der Propagierung der
matrona Romana als Idealtypus. Octavias Person war aufgrund ihres tadellosen
Lebenswandels dazu angetan, als strahlendes Exemplum innerhalb der domus principis
präsentiert zu werden: Sie war die einzige Römerin, die nach einer "klassischen" politischen
Ehe in den führenden Kreisen der Nobilität eine zweite Ehe mit Vermittlungsfunktion
innerhalb des gesetzlich legitimierten Zweiten Triumvirat geführt hatte. Als Ehefrau des
Triumvirn Antonius war sie dem Idealbild einer Römerin treu geblieben, ganz anders als ihre
Vorgängerin Fulvia, in deren Person die Propaganda des Siegers alle Symptome des
Niedergangs der Gesellschaft vereinigen ließ: Selbstsucht, Geldgier, Grausamkeit und das
Streben nach militärischer Macht - Schlüsselqualifikationen vieler führender Politiker der
späten Republik, jedoch exklusiv den Männern vorbehalten. Während Fulvia damit das
negative Exempel einer Römerin abgab, kam Cleopatra zeitgleich die Rolle der das
Gemeinwesen bedrohenden Monarchin hellenistischer Prägung zu. So ließ sich die
Bedrohung für die traditionelle Gesellschaftsstruktur von innen und von außen mit Fulvia und
Cleopatra personifizieren: Beide wurden von Octavian besiegt. Octavia als sein eigen Fleisch
und Blut hatte dagegen vorgelebt, wie man als Frau in Rom auch in einer politisch radikalen
Phase mit Anstand lebte. Dieser Lebenswandel sollte nun für Frauen erst recht im neuen
Zeitalter des augusteischen Friedens gelten, und Octavia als Schwester des Augustus war die
Identifikationsfigur dieser Sittenpolitik: Im Umfeld der Staatsspitze eine der letzten
traditionell-römischen Ehefrauen der Republik vor den Iden des März, in der Umbruchszeit
des Triumvirats die einzige im Machtzentrum mit einer politischen Rolle und schließlich im
Prinzipat als Schwester des Augustus und Mutter des Marcellus die erste Matrona dieser
neuen Ära. Hätte ihre Schwägerin Livia mit Augustus ein Kind gehabt, womöglich einen
Sohn, wäre Octavias Rolle wohl bescheidener ausgefallen. Als ideale Römerin und als Mutter
des "Kronprinzen" Marcellus war ihre Bedeutung für die domus principis aber entsprechend
hoch.
Die Nachfolger des Augustus wichen in vielerlei Hinsicht von den Vorstellungen des ersten
Princeps über die Stellung und Darstellung von Frauen aus der kaiserlichen Familie ab. Nach
Tiberius waren alle Kaiser des iulisch-claudischen Hauses Nachkommen von Octavia und
Antonius, ebenso wie Agrippina d.J., Ehefrau (und Nichte) des Claudius und Mutter Neros.
Die Einbeziehung von Frauen in die numismatische Herrschaftsdarstellung darf als Rückgriff
auf die Präzedenzfälle gelten, die im römischen Reich mit den Emissionen des Antonius
geschaffen worden waren. Dessen Nachkommen knüpften an diese hellenistisch beeinflußten
Konzeptionen des Triumvirn wieder an, indem sie ihre weiblichen Verwandten in der
Bildpropaganda präsentierten. Grundidee war hierbei die Befriedigung der
Identifikationsbedürfnisse innerhalb der Bevölkerung. Antonius war damit den Vorstellungen
im hellenistischen und traditionell monarchischen Ostteil des Reiches begegnet; seine
Nachkommen bedienten damit nun auch die Wünsche im Westteil des Reiches - die
Monarchie generiert offenbar eine ähnliche Phänomenologie. Auch im Bereich der
Selbstdarstellung des herrschenden Kaiserhauses war damit die Maske des Principats
heruntergerissen, die streng traditionelle Gesellschaftskonzeption des Augustus, der mit seiner
offensiv propagierten Rückkehr zu den mores maiorum seine Alleinherrschaft für die
römische Elite akzeptabel gemacht hatte, wurde für jedermann offensichtlich zur Disposition
gestellt.
Einige Frauen der domus principis übten am Ende der iulisch-claudischen Dynastie eine
Macht auf die Entscheidungen der Principes aus, die ihnen nach Ansicht der männlichen Elite
nicht zukam. In den Quellen wurden sie deshalb kategorisch verurteilt, und wie eingangs
diese letzten Teils bereits geschildert waren die hierbei verwendeten Stereotype dieselben, mit
denen bereits Fulvias Verhalten und ihre Persönlichkeit belegt wurden. Mit der Überwindung
der Bürgerkriegswirren hatte Augustus eine dialektische Situation geschaffen: Die res publica
in ihrer exklusiv männlichen Regierungsform war wiederhergestellt, die Gefahr einer
"Frauenherrschaft" im Stile Fulvias oder gar in Form einer hellenistischen Königin wie
Cleopatra war gebannt. Dies wurde unter dem Schlagwort der restitutio propagiert. Ein
Phänomen der Umbruchszeit war damit beseitigt, nicht aber die tiefere Ursache, die
Auflösung der aristokratischen Strukturen und die Monopolisierung der militärischen und
politischen Macht. Der Principat hatte grundsätzlich die Macht der männlichen Elite
gegenüber ambitionierten Frauen gesichert; die monarchische Staatsform führte aber
zwangsläufig dazu, daß der traditionelle weibliche Einfluß im Hintergrund, wie er innerhalb
der Nobilität der Republik üblich und anerkannt gewesen war, nun auf die domus principis
konzentriert war. Das System des Principats garantierte also unter anderem, daß außerhalb der
domus principis die Frauen der römischen Elite keinerlei politischen Einfluß mehr erlangen
konnten. Dies war nur deshalb so sicher, weil die politische Macht der Nobilität selbst
entzogen worden war. Damit hatte sich die Oberschicht im Principat zu arrangieren. Als unter
Caligula, Claudius und Nero dieses empfindliche Gleichgewicht zwischen formaler
Aristokratie und faktischer Monarchie zerstört wurde, richtete sich die Kritik der Elite auch
gegen die jeweils einflußreichen Frauen der domus principis, da allein mit diesem Phänomen
das Versagen des Princeps bereits bewiesen war.
Im Anhang der Monographie wird ein Stempelcorpus der Bronze-Prägung aus Eumeneia-
Fulvia (Phrygien; heute Isikli in der Türkei) publiziert. Erfaßt und analysiert werden 45
Exemplare aus privaten und öffentlichen Sammlungen sowie aus dem Handel. Nachgewiesen
werden 11 Vorderseiten und 17 Rückseitenstempel. Zudem tragen 6 Stücke einen, 8 Stücke
zwei Gegenstempel. Katalog-Identifikation: BMC (Phrygia), Eumeneia, 213, Nr. 20-21, Taf.
27, 4+5; RPC I, 509, Nr. 3139; SNG Tübingen, Nr. 4012.
Beschreibung der Münze:
Vorderseite: Keine Legende. Kopf der Nike nach rechts, mit den unterlegten Zügen Fulvias.
Rückseite: Athena mit Schild
und Lanze nach links.
Legende (Transkription): FOULOUIANON
/ ZMERTORIGOS / FILONIDOU
Auf 12 Tafeln sind alle bekannten Münzen zu Fulvia und Octavia mit mindestens einem Exemplar, die 45 Exemplare des Stempelcorpus vollzählig abgebildet.
40.00 € | ||
in stock | ||
36.00 € | ||
50.00 € | ||
54.00 € | ||
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