Frau Lisi, woran arbeiten Sie zur Zeit?
An meiner Zukunft — und an meiner Vergangenheit. Auch ein bisschen an meiner Gegenwart. Ich würde gerne mehr Forschungsbefunde zu Chancengerechtigkeit in die Bildungssysteme bzw. Schulen einfliessen lassen — daran arbeite ich also konkret (sabrinalisi.ch).
Was lernen Sie gerade, was Sie noch nicht so gut können?
Mich als junge Frau souverän in überwiegend männerdominierten Domänen zu bewegen.
Mit welchem bedeutenden Wissenschaftler hätten Sie gern zusammengearbeitet? Oder würden es gern tun?
Ich hätte liebend gern mit Simone De Beauvoir im Cafè de Flore gesessen, endlos geraucht und dabei clevere Dinge gedacht.
Im Hier und Jetzt würde ich gerne mit dem Resilienzforscher Michael Ungar zusammensitzen und clevere Dinge denken. Rauchen weniger, da ich Nichtraucherin bin.
Wenn Sie nicht Wissenschaftlerin wären, was wären Sie dann?
Psychotherapeutin. Oder Theaterregisseurin.
Was würden Sie ihrem Ich heute zu Beginn des Studiums raten?
„Chill di Läbe“.
Das ist Schweizerdeutscher Slang, wenn man so will, und heisst etwa „Carpe Diem“. Ich bin ziemlich eilig durch mein Studium gegangen und würde es heute wohl ruhiger und gelassener angehen. Die grossen Reflexionsprozesse fanden bei mir, vermutlich auch deshalb, erst nach dem Studium statt.
Wie bekommen Sie den Kopf frei? Was machen Sie in ihrer Freizeit?
Wohl für den heutigen Zeitgeist eher klassisch: Ich meditiere viel und praktiziere vor allem das sehr langsame Yin Yoga.
Was ich mache, um mich lebendig zu fühlen, ist Theater. Ich bin sowohl im Schauspiel als auch in der Regie tätig und arbeite vorwiegend mit Jugendlichen. Nach Theaterproben bin ich meistens total energetisiert und gut gelaunt.
Ist Bücherschreiben noch zeitgemäß?
Nö. Zumindest nicht in der Forschung und schon gar nicht bei einer Dissertation. Ein Professor sagte mir mal, als ich ihn fragte, ob er der Drittgutachter für meine Dissertation sein möchte: „Achso. Eine Monografie... Ja. So was schau ich mir gar nicht erst an.“
Auch wenn die Forschungslandschaft heute eher Wert auf Artikel legt, fand ich den Prozess, ein ganzes Buch im Blick zu haben, zu sortieren und schreiben zwar anspruchsvoll, aber hilfreich. Es erlaubte mir oder zwang mich gar eine gewisse Tiefe der Inhalte nicht zu unterschreiten. Dies gelingt bei Weitem nicht allen Artikeln.