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Aus reiner Neugier: Doris Gray
Doris Gray

Frau Gray, woran arbeiten Sie zur Zeit?

Mein neues Projekt beschäftigt sich mit meiner Rückkehr nach Deutschland nach fast 40jährigem Auslandsaufenthalt. Deutschland ist heute nicht mehr das Land, von dem ich als junge Frau fortwollte. Allerdings holt mich die deutsche Geschichte jetzt mit Wucht ein. Die fortwirkenden Schwierigkeiten der Wiedervereinigung machen deutlich, wie langwierig die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit ist. Daraus schliesse ich, dass man Ländern, die sich nach einem Regimewechsel — zum Beispiel in Nordafrika, der Region, die ich am besten kenne — auf den Weg in eine freiheitliche Demokratie begeben, mit mehr Geduld und Feingefühl begegnen sollte.

Was ist für Sie die wichtigste Entdeckung?

Da Lehren und Schreiben mein täglich Brot sind, halte ich Gutenbergs Erfindung des modernen Buchdrucks und der Druckerpresse für entscheidend.

Was lernen Sie gerade, was Sie noch nicht so gut können?

Gelassenheit.

Wenn Sie nicht Wissenschaftler wären, was wären Sie dann?

Bevor ich Wissenschaftlerin wurde, war ich viele Jahre als Journalistin und Auslandskorrespondentin tätig. Und ich war einige Jahre hauptberuflich Mutter. Ich würde alle drei Berufe wieder wählen.

Mit welchem bedeutenden Wissenschaftler hätten Sie gern zusammengearbeitet? Oder würden es gern tun?

Mit E.O. Wilson, dem amerikanischen Insektenforscher und Soziobiologen in seiner früheren Forschung. Ich bewundere, wie er mit Leidenschaft, Geduld und Hingabe über Jahrzehnte die sozialen Strukturen von Ameisen erforscht hat.

Wie bekommen Sie den Kopf frei? Was machen Sie in ihrer Freizeit?

Radfahren, Wandern, Schwimmen sind für mich meditative Praktiken. Seit ich in Berlin wohne, besuche ich gerne Konzerte.

Ist Bücherschreiben noch zeitgemäß?

Schreiben an sich ist zeitlos. Aber wie auch bei Musik gibt es Trends und Moden. Manche Autoren beschäftigen sich mit aktuell brisanten Themen. Ich widme mich Themen, die mir wichtig sind, ganz gleich ob sie derzeit aktuell sind oder nicht. Bisher waren das Frauenrechte in Nordafrika, Rechte von Menschen, die Opfer von Staatsgewalt sind, und Umgang mit traumatischen Begebenheiten.
I schreibe, weil ich mir dadurch die Welt fassbar mache und sie — hoffentlich — meinen Studenten etwas mehr erschliesse.

Dr. Doris H. Gray war Direktorin des Hillary Clinton Center for Women´s Empowerment an der Al Akhawayn Universität in Ifrane, Marokko. Dort war sie auch Professorin für "Women and Gender Studies". Zuvor unterrichtete sie Gender Studies und im Department of Modern Languages an der Florida State University in Tallahassee, Florida, USA. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Gender Studies, Frauenrechte und Transitional Justice in Tunesien, Marokko und Algerien.
Doris H. Gray: Leaving the shadow of Pain. A cross-cultural exploration of truth, forgiveness, reconciliation and healing