Die fachliche Kritik an diesen digitalen Editionen ist in einigen Fällen durchaus berechtigt. Dies liegt unter anderem daran, daß die heutigen elektronischen Editionen in vielerlei Hinsicht hinter den technischen Möglichkeiten des Computers zurückbleiben. Trotzdem geht man in Fachkreisen davon aus, daß die digitalen Editionen über kurz oder lang mindestens gleichwertig neben die Buch-Editionen treten und sie häufig auch ersetzen. Dies wird nicht nur geschehen, weil der Computer im Zuge der allgemeinen Digitalisierung der Wissenschaft immer vehementer auch in den philologischen Alltag eindringt, sondern auch weil sich über den Computer neue Textzugänge eröffnen lassen und die Arbeit der Philologen oftmals erleichtert werden kann.
Damit diese Vorteile möglichst bald genutzt werden können, ist es notwendig, gerade jetzt, zu einem Zeitpunkt sich verstärkender Aktivitäten im Bereich der Textdigitalisierung, auf die Entwicklung einzuwirken. Die Philologien müssen sich bemühen, den Anschluß an die "digitalen Wissenschaften" nicht zu verlieren, letztlich auch, weil sie sonst gezwungen werden könnten, sich mit dem abfinden zu müssen, was ihnen aus anderen Wissenschaftsbereichen zur Verfügung gestellt wird, ohne dabei die eigenen Bedürfnisse ausreichend berücksichtigt zu sehen.
Da es bisher keine aktuelle, ausgreifende oder gar umfassende theoretische Arbeit zum Thema digitale Editionen gibt, ist es notwendig, den Stand der Entwicklung und Forschung im Bereich der digitalen Textausgaben zu ermitteln, die Tendenzen der Entwicklung zu beschreiben und durch theoretische Überlegungen förderlich auf diesen Prozeß einzuwirken. Im Mittelpunkt soll die Frage stehen, wie man literarische Texte digital edieren und präsentieren soll, damit ein sinnvoller wissenschaftlicher Umgang mit ihnen am Computer möglich ist.
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