Berliner Arbeiten zur Bibliotheks- und Informationswissenschaft, Bd. 28
Der Schriftentausch dient zur Zeit der deutschen Teilung als zuverlässiges Kanalsystem in Richtung "Ost" für die unzensierte, devisenfreie Einfuhr dringend benötigter Westliteratur und in Richtung "West" für Publikationen, die außerhalb des DDR-Buchhandels erscheinen. Trotz staatlicher Überwachung und Restriktionen seitens der DDR (u.a. juristischer Präzedenzfall Alfred Eberlein 1971) gelingt es Bibliothekaren auf beiden Seiten der innerdeutschen Grenze, mit Mut und Solidarität ihrem Berufsethos und Ziel nach möglichst vollständigen Beständen gerecht zu werden.
Die vorliegende Arbeit nimmt die Praxis des Schriftentausches wesentlicher deutscher Bibliotheken von 1949 bis 1990 in den Fokus. Sie befasst sich zudem mit Institutionen, die den Tausch beeinflussen. Zum Verständnis für die Entstehung zentraler Tauschstellen sowie das Aufblühen des Schriftentausches zwischen beiden deutschen Staaten wird die Ausgangslage von 1920 bis 1949, das heißt die Tätigkeiten der Reichstauschstelle und der Tauschstellen in den Besatzungszonen, einführend dargestellt. Neben der Frage, wie der Tausch eingebettet in die internationale Förderung durch die UNESCO und IFLA im Allgemeinen verläuft, werden der Tausch im Speziellen, exemplarisch für die SLB Dresden, untersucht und anschließend beide Ebenen hinsichtlich von Übereinstimmungen und Abweichungen verglichen. Quantitative Analysen geben Auskunft über die Zuteilung von Kontingentmitteln der SLB durch das Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen der DDR und den Ertrag bzw. Nutzen des Tausches. Mit dem Ziel, wertmäßig Tauschäquivalenz zu erreichen, gelangen nach offizieller DDR-Tauschstatistik, die erstmals in dieser Arbeit vollständig publiziert wird, mehr Medien in die ostdeutschen und in der Praxis mehr Medien in die bundesdeutschen Bibliotheken.
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