Berliner Arbeiten zur Erziehungs- und Kulturwissenschaft, Bd. 31
Der Autor, der Berge allein und mit Jugendlichen bestiegen und einen Absturz überlebt hat, entwirft eine mehrschichtige Phänomenologie, die zu einer vertieften Sichtweise der Chancen von Erlebnispädagogik führt und sie aus den Untiefen des Aktionismus zurückholt in eine existenziell risikoreiche, herausfordernde Wirklichkeit. Hellmut Becker hat einmal formuliert, es sei erstaunlich, dass deutsche Reformpädagogen trotz vielfach obskurer Theorien eine vernünftige pädagogische Praxis entfaltet hätten. Am Beispiel: freiwillige Feuerwehr, THW, Seenotrettung, Erdbebeneinsätze, Klettern sind gute Praxis, Die Hahnsche Vorstellung von (Kindern als Engeln und) Jugendlichen als Teufelswerk, die man durch stete Ablenkung von bösen Gedanken fernzuhalten habe, war lebensfremd und führte - in Salem bis heute - zu einer Verstärkung heimlicher Subkultur jenseits Hahnscher Wertvorstellungen. Zu den besonderen Leistungen der Arbeit Fleischers gehört es, dass die Theorie, die Philosophie, die dichte Beschreibung des Kletterns am Berg bruchlos mit der Konzeption einer erlebnispädagogischen Praxis verbunden wird, dass beides stimmig und als einander zugehörig erscheint und kein gedanklicher Obskurantismus wie ein unverdaulicher Griesbreiberg dem Schlaraffenland einer faszinierenden Praxis am Berg vorgelagert ist.
Die Arbeit beginnt mit einem anthropologischen Kapitel, den "Reisevorbereitungen",dem Aufstieg, dem Abstieg, den Paradoxien des Extremen. Ihm folgt der "Sitzgurt", eine kurze Geschichte der Erlebnispädagogik. Im Kapitel "Der Reiseproviant" geht es um Erfahrungen und Lernen in Ernstsituationen, um Ansätze einer modernen Erlebnispädagogik. Im Exkurs über C.G.Jung werden Formen des Transfers herausgearbeitet. "Das Biwak" beschreibt, differenziert und interpretiert als Hauptteil der Arbeit das community building, die Strategien der Bewältigung von Ernstsituationen durch die Erlebnisgruppe, dies Auseinandersetzung mit situationsimmanenten Problemen, die Handlungsräume, Prozesse der Selbststeuerung und Selbstaktualisierung, die Körpererfahrungen, die Werte, die Gruppengröße und Leitungsfunktionen. Die Arbeit schließt mit einem historischen Rückblick und einem Brückenschlag zwischen Erziehungs- und Sportwissenschaft.
Fazit: ein hohes Reflexionsniveau, prägnant und originell im Zugriff auf das Thema, bis ins Detail ausgearbeitet, souveräner Umgang mit reichhaltigem Quellenmaterial, überzeugende Struktur und Gestaltung der Arbeit.
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