Die Beurteilung von Heranwachsenden gemäß § 105 JGG gehört zu den schwierigsten Herausforderungen für den im Bereich des Jugendrechts tätigen forensischen Sachverständigen. Seit dem Inkrafttreten des § 105 JGG im Jahre 1953 ist die Liste der Schwierigkeiten und Probleme lang. Kritiker des § 105 JGG sehen einerseits eine Lösung seiner Probleme in der generellen Anwendung des Jugendstrafrechts auf Heranwachsende, wobei sogar die Einbeziehung von Tätern bis 26 Jahren in das Jugendstrafrecht bedenkenswert sei. Andererseits werden immer wieder Stimmen laut, die eine generelle Anwendung des Erwachsenenstrafrechts auf Heranwachsende fordern. Unabhängig von Altersgrenzen sind die Folgen einer fehlerhaften Beurteilung gravierend.
Es besteht somit die Notwendigkeit der Implementierung methodischer Standards für den Gutachtenprozess und die Entwicklung qualitativer Beurteilungskriterien. Der in dieser Arbeit vorgestellte diagnostische Prozess zur Begutachtung heranwachsender Straftäter gemäß § 105 JGG macht deutlich, dass eine regelgeleitete Begutachtung, die sowohl bezüglich der verwendeten Informationen als auch des diagnostischen Vorgehens nachvollziehbar und transparent ist, durchaus möglich ist. Grundlage hierfür bilden die Ergebnisse einer bundesweiten Expertenbefragung (Bonner Delphi-Studie) und einer sich daran anschließenden Validierungsstudie.
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