Spiegelwelt. Elemente einer Aisthetik des Bildschirmspiels
Markus Rautzenberg
ISBN 978-3-8325-0055-9
84 pages, year of publication: 2002
price: 25.00 €
Die Reaktionen auf den Amoklauf von Erfurt waren vielstimmig und rasche Erklärungsversuche ließen nicht lange auf sich warten. Als zentrales Motiv, auf das sich sowohl Politik als auch Berichterstattung schnell "einigen" konnten, stellte sich dabei die Verdächtigung sogenannter "Killerspiele" heraus, die fast einhellig für den Tod von 17 Menschen zumindest mitverantwortlich gemacht wurden. Die erregte Diskussion die daraufhin folgte und eine eilige Novellierung des Jugendschutzgesetzes zur Folge hatte, offenbarte vor allem eins: Die eklatante Unkenntnis dessen, worüber gesprochen wurde. So wenig bestritten werden kann, dass neue Formen medialer Interaktion auch neue Formen der Wahrnehmung - und Wahrnehmungsverzerrung - zur Folge haben, so wenig ist der Sache allerdings mit oberflächlichen Aburteilungen gedient. Um eine adäquate Beurteilung der diversen Erscheinungsformen der inzwischen wirklich nicht mehr so neuen "Neuen Medien" überhaupt erst zu ermöglichen, ist nach der spezifischen Verfasstheit dieser Medien zu fragen, zu deren Epiphänomenen eben auch Bildschirmspiele und die damit verbundenen Wahrnehmungsformen gehören.
"Elemente einer Aisthetik des Bildschirmspiels" bedeutet eine erste Annäherung an das Medium im Modus einer Erfassung von Wahrnehmungs- und Interaktionsformen, wie sie durch das Bildschirmspiel - und so nur durch dieses - erfahrbar werden. Dazu ist es nötig, den medialen Status des Bildschirmspiels näher zu bestimmen, was auch eine Reflexion über das Phänomen "Medium" selbst beinhalten muss, denn bei genauer Betrachtung stellt sich das Bildschirmspiel als Medienverbund innerhalb eines weiteren Medienverbundsystems heraus. Die sich aus diesem Umstand ergebenden Interdependenzen zwischen den einzelnen Submedien, die sich im Bildschirmspiel verkoppeln (Computer bzw. Binärcode, das digitale Bild sowie das Medium Spiel), gilt es transparent zu machen, um im Anschluß daran auf die Form der spezifischen Wahrnehmungskonstitution in Bildschirmspielen eingehen zu können. Dieser widmet sich das letzte Kapitel anhand einer Beschreibung der dem Bildschirmspiel eigenen Immersionsform (dem Phänomen des Eintauchens - lat. immersio - in einen virtuellen Raum) und der damit zusammenhängenden Derealisierung, dem punktuellen Ausstieg aus dem, was herkömmlicherweise Realität genannt wird.